„Nimmt es uns die Welt ab, wenn wir darauf hinweisen, daß das Deutschland von heute ein anderes ist als das Deutschland von damals? Vertrauen gewinnt man nicht durch Worte, sondern durch sichtbare Bezeugungen und gewonnene Sympathie. Es kommt weniger darauf an, zu erklären, daß es ein anderes Deutschland gibt, als es zu zeigen.“ 1

Die Olympischen Spiele sind seit je her sportliche Großereignisse, welche viele Athlet:innen und Besucher:innen aus der ganzen Welt anziehen. Gesellschaftlich und politisch sind sie ein Aushängeschild und vermitteln Werte und Charakterzüge des austragenden Landes. Zudem können sie einen wichtigen Impuls für die Wirtschaft liefern und das Gemeinschaftsgefühl einer ganzen Nation stärken.

Nach den Propaganda-Spielen der NS-Zeit 1936 und des darauf folgenden Zweiten Weltkrieg, fanden die Olympischen Spiele 1972 erneut in Deutschland statt. Der Austragungsort war München. Das war die Chance für Deutschland sich nach Ende des 2. Weltkriegs als neue, weltoffene und tolerante Bundesrepublik zu präsentieren. Um diese Ziele erreichen zu können wurde bereits in der Planungsphase die Abteilung XI „Visuelle Gestaltung“ des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) ins Leben gerufen. Sie beschäftigte sich unter der Leitung von Otl Aicher mit einer ganzheitlichen Gestaltung der Spiele. Dies umfasste neben der gestalterischen Außendarstellung auch Architektur, Leitsystem, Maskottchen und Sportbekleidung – ein umfangreiches Corporate- Design entstand. Otl Aicher und sein Team legten viel Wert auf eine Ausrichtung als bunte und weltoffene Spiele, um Deutschland ein neues Image zu verpassen. Aicher verstand früh, dass die Umsetzung eines einheitlichen Gestaltungsrahmens von tragfähiger Bedeutung sein musste. So schrieb er in seinem Expose, dass sein Konzept auf einer einheitlichen Farbgebung, Schriftwahl, Zeichen- und Symbolsprache basiert. Auch strebte er eine strikte Einbeziehung der Architektur in seine Konzeptvorstellungen an. Durch diese Maßnahmen sollte nicht nur ein fröhliches Design mit starkem Wiedererkennungswert entstehen, vielmehr sollte Deutschland damit zeigend, dass nach der düsteren NS-Vergangenheit ein drastischer Wandeln in der Bundesrepublik stattgefunden hat. 2

Mit der Denkschrift „Die Kommunikation auf dem Oberwiesenfeld“ wurden Aichers Bemühungen und Vorstellungen für Architektur und Landschaftsgestaltung zum Großteil übernommen und in einem Styleguide niedergeschrieben. Gestaltung sollte nicht mehr nur ästhetische Aufgaben erfüllen sondern sich als leitende, informative und beruhigende Akzente präsentieren. Zudem konnten die gestalterischen Bestandteile, durch die parallele Planung und den direkten Austausch der beiden Abteilungen, unmittelbar in die Architektur aufgenommen werden, was die einheitliche Integration zusätzlich stärkte. Sowohl die Landschaftsarchitektur als auch die Gestaltung der Gebrauchsgrafiken stellten immer die Funktionalität für die Nutzenden in den Fokus und nie die reine ästhetische Nutzung. Jedes Objekt oder jede bauliche Anlage hatte eine entsprechende Funktion inne. Diese Umsetzung sorgte für Sicherheit und Orientierung bei den Nutzer: innen und bot ihnen dennoch die nötige Freiheit, sich selbst zu entscheiden was sie unternehmen und wohin sie gehen möchten. 2

Die einheitliche Gestaltung der gesamten Spiele sorgte für ein übergreifendes, einheitliches Gefühl, das durch einfache Mittel erreicht werden konnte. Aicher stellte gewisse Grundregeln auf, die es einzuhalten galt, ließ auf der anderen Seite trotzdem genug Freiheiten um einem durchstrukturierten System zu entfliehen. Für die Typografische Umsetzung entschied man sich für die „Univers“ von Adrian Frutiger, da sie als Groteskschrift als sehr beweglich, leicht und vor allem unpathetisch galt – alles Attribute die sich bei den Olympischen Spielen widerspiegeln sollten. Um die Leichtigkeit und Sanftheit der Schrift beizubehalten verzichtete man auf zu große Überschriften und aggressive Schriftgrößen. Auch die Wahl der Gestaltungsfarben orientierte sich an gewissen Regeln. Demnach wurden keine Farben verwendet, die an die früheren Spiele 1936 erinnern und auch die Farben Schwarz und Gelb wurden von der Gestaltung ausgeschlossen. Viel mehr kamen sanfte und ruhige Töne zum Einsatz. Die Zentrale Farbe der Spiele war ein Hellblau, das nahezu an allen Stellen zu sehen war. Als unterstützende Farbe wählte Aicher unter anderem ein mittleres Grün mit identischer Helligkeit aus. Diese und weitere 5 pastellne Farben sollten den Bezug und die Verbundenheit mit den bayrischen Alpen symbolisierten.

Symbole und Piktogramme ergänzten zudem Texte und Beschreibungen einzelner Sportstätten und Wettkämpfe. Neben den vorhanden Symbolen wie den Olympischen Ringen, entwickelte Aicher eine ganze Bandbreite an Piktogrammen der einzelnen Sportarten. Durch ein simples aber intelligentes Raster und die Kombination einfacher geometrischer Formen, entstanden die bis heute ikonischen Piktogramme. Diese setzten einen neuen Maßstab in der Gestaltung und werden bis heute weltweit verwendet. Regelmäßig werden neue Piktogramme nach Aichers Vorstellungen entwickelt und veröffentlicht, etwa für die SARS-CoV-2-Pandemie. Die gesamte Sammlung zählt mittlerweile über 700 unterschiedliche Piktogramme. Durch das bei den Olympischen Spielen 1972 entstandene System wurde der Anspruch einer weltoffenen, diversen und universell verständlichen Sichtbarkeit zum Ausdruck gebracht. 3

Die zuvor festgehaltenen Vorgaben und Gestaltungselemente beeinflussten das gesamte Design der Olympischen Spiele und wurden an allen möglichen Stellen umgesetzt. Von der Architektur und Landschaftsgestaltung, der Einrichtung des olympischen Dorfes, den Fahnen an den Veranstaltungsorten, den Terminplänen, den Klamotten der freiwilligen Helfer:innen bis hin zum Maskottchen „Waldi“. Sie alle unterlagen den gestalterischen Vorgaben und passten sich den Farben, Formen und Vorgaben durch Otl Aicher und seinem Team an, was eine eindrückliche Symbiose in und um das Sportereignis zur Folge hatte.

Die harte Arbeit Aichers und seines Teams zeigte früh Wirkung. Die Spiele wurden als fröhliche, authentische und weltoffene Spiele gefeiert. Nicht nur die Ausstrahlung an den olympischen Wettkampfstätten und dem olympischen Dorf, sondern auch an den Fernsehgeräten und bei der Berichterstattung war durchweg positiv aufzunehmen. Durch die vielen Freiheiten in der Gestaltung und der Symbiose mit der Architektur und Landschaftsgestaltung kam ein besonderes Gefühl bei allen Beteiligten, Sporttreibenden und Zuschauenden auf. Das veraltete und weitreichend negative Image Deutschlands, welches nach dem Zweiten Weltkrieg noch in vielen Köpfen auf der ganzen Welt verankert war, wurde abgelöst durch ein freundliches, offenes und vor allem neues Deutschland.

Nichtsdestotrotz muss hier erwähnt werden, dass das Gefühl der unbeschwerten Spiele nicht bis zum Ende der Olympiade anhielt. Bei einem Attentat am 5. September, gut 10 Tage nach der Eröffnungsfeier, wurden 11 Personen aus der israelischen Delegation, darunter 5 Athleten, ermordet. Dieses tragische Ereignis überschattete die Olympischen Spiele bist zum Schluss. Die Olympiade wurde kurz danach zwar fortgesetzt, brachte den „bunten Spielen“ allerdings einen gewissen Dämpfer, von denen sie sich nicht mehr erholten.

Trotzdem zeigt dieses Beispiel eindrücklich welche wichtigen Einflussfaktoren Gestaltung bei der Umsetzung und Wahrnehmung sein kann. Durch den richtigen Einsatz und Umgang von Farben, Schriften und Formen kann ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden und zugleich die Reputation einer ganzen Nation stärken. Ein essentieller Ansatz aus diesem Beispiel ist die aktive Einbeziehung von Gestaltung in die Planung mehrerer Themenfelder und eine Implementierung in andere Projekte wie etwa der Architektur, um somit eine Integration zu schaffen und die spätere Nutzung zu erleichtern. Auch im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes könnte eine Berücksichtigung von Gestaltung bereits bei der Planungsphase möglicher Maßnahmen hilfreich sein, um aufkommende Schwierigkeiten zeitnah erkennen und lösen zu können.

Olympia 1972 München 4 Olympia 1972 München 4

Die harte Arbeit Aichers und seines Teams zeigte früh Wirkung. Die Spiele wurden als fröhliche, authentische und weltoffene Spiele gefeiert. Nicht nur die Ausstrahlung an den olympischen Wettkampfstätten und dem olympischen Dorf, sondern auch an den Fernsehgeräten und bei der Berichterstattung war durchweg positiv aufzunehmen. Durch die vielen Freiheiten in der Gestaltung und der Symbiose mit der Architektur und Landschaftsgestaltung kam ein besonderes Gefühl bei allen Beteiligten, Sporttreibenden und Zuschauenden auf. Das veraltete und weitreichend negative Image Deutschlands, welches nach dem Zweiten Weltkrieg noch in vielen Köpfen auf der ganzen Welt verankert war, wurde abgelöst durch ein freundliches, offenes und vor allem neues Deutschland.

Nichtsdestotrotz muss hier erwähnt werden, dass das Gefühl der unbeschwerten Spiele nicht bis zum Ende der Olympiade anhielt. Bei einem Attentat am 5. September, gut 10 Tage nach der Eröffnungsfeier, wurden 11 Personen aus der israelischen Delegation, darunter 5 Athleten, ermordet. Dieses tragische Ereignis überschattete die Olympischen Spiele bist zum Schluss. Die Olympiade wurde kurz danach zwar fortgesetzt, brachte den „bunten Spielen“ allerdings einen gewissen Dämpfer, von denen sie sich nicht mehr erholten.

Trotzdem zeigt dieses Beispiel eindrücklich welche wichtigen Einflussfaktoren Gestaltung bei der Umsetzung und Wahrnehmung sein kann. Durch den richtigen Einsatz und Umgang von Farben, Schriften und Formen kann ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden und zugleich die Reputation einer ganzen Nation stärken. Ein essentieller Ansatz aus diesem Beispiel ist die aktive Einbeziehung von Gestaltung in die Planung mehrerer Themenfelder und eine Implementierung in andere Projekte wie etwa der Architektur, um somit eine Integration zu schaffen und die spätere Nutzung zu erleichtern. Auch im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes könnte eine Berücksichtigung von Gestaltung bereits bei der Planungsphase möglicher Maßnahmen hilfreich sein, um aufkommende Schwierigkeiten zeitnah erkennen und lösen zu können.